Allgemeines zum Nähen
Schreibe einen Kommentar

Kreativität gleich null. Oder: Kann eigentlich jeder Nähen lernen?

Ich bin null kreativ. Dachte ich. Oder bin ich irgendwie tatsächlich. Oder jetzt nur noch ein bisschen. Ich weiß es nicht. Hätte man mich vor zwei Jahren gefragt, ob ich kreativ bin, hätte ich vehement mit dem Kopf geschüttelt und gesagt: „Never. Ich kann andere Sachen, aber definitiv nix kreatives“. Mal ein Fotobuch gestalten oder die Wohnung nett einrichten, das bekomme ich hin, das macht mir Spaß. Aber Geschenke selber machen? Diese ganze DIY-Welle? Ist spurlos an mit vorübergegangen. Ehrlich gesagt habe ich sogar oft gedacht, warum soll ich Zeit und Geld aufwenden, um etwas selber zu machen, wenn ich’s quasi günstiger und fast ohne Zeitaufwand shoppen kann.

Wie ich zum Nähen gekommen bin

Bis ich Kinder bekam. Also Kind 1 in dem Fall. Und überall sah man diese ultra süßen selbstgenähten Sachen, die einfach so so niedlich aussehen an Babys. Die musste ich shoppen. Aber die waren auch einfach so unglaublich teuer im Vergleich zur Mode von der Stange. Und der alte Geizhals in mir wollte zwar die süßen Sachen haben, es aber irgendwie nicht einsehen, für ein bis drei Monate tragen solche Beträge auszugeben. Und so kam mir das erste Mal der Gedanke: „Das müsstest Du doch eigentlich selber machen“. Und dann aber sofort wieder „Ich an der Nähmaschine? Niemals“ Selbst das Knopf annähen musste bis dato mein Mann übernehmen Ich hatte weder die Geduld noch die feinmotorischen Fähigkeiten für so was. Naja, und dann habe ich den Gedanken sowieso nicht weiter verfolgt, weil ich mit Baby, Hausbau und Arbeit mehr als genug ausgelastet war.

Und dann kam Kind Nummer 2. Dieses Mal mit einer richtigen Elternzeit. Und wieder überall diese süßen selbstgenähten Sachen und dann noch eine andere Kindergartenmama, die viel für ihr zeitgleich geborenes Zweites selbst genäht und mir damit quasi meine eigene – in dem Falle – Unzulänglichkeit vor Augen gehalten hat. Dann wurde es für mich etwas konkreter. Angefangen damit, dass ich – überwiegend in Blogs – erste Informationen gesammelt habe, mal in den Stoffladen gefahren bin und mir quasi als Anreiz schon überlegt haben, was ich als erstes Nähen möchte. Eine Nähmaschine habe ich mir nach meinem persönlichen Preislimit und Bewertungen ausgesucht. Zwischendurch habe ich dann wieder gedacht, ich bin bescheuert, jetzt noch (ja, tatsächlich denke ich manchmal so festgefahren) mit so etwas anzufangen und schwupps, hat mein persönlicher Motivator in Form meines Ehemannes mich wieder vom Gegenteil überzeugt und meine letzten bzw. immer wieder kehrenden Bedenken auf Seite geschoben (danke Tobi). Also Grundausstattung besorgt, aufgeregt und planlos davor gesessen und losgelegt. Das war im Juli 2017.

Was das Nähen aus mir gemacht hat

Und heute, knapp zwei Jahre später? Das Nähen ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken. Und es hat etwas mit mir gemacht. Ich bin ein wenig mutiger geworden, bin stolz darauf, dass ich es mich getraut habe, auf meine Art und Weise damit anzufangen und es hat mir gezeigt, dass ich sehr wohl kreativ bin. Auf meine Art. Ich kann mich beispielsweise kreativ austoben, idem ich Stoffe kombiniere. Wenn es mich überkommt, setze ich mich abends ins Arbeitszimmer und breite alle Stoffe um mich herum aus, lasse sie auf mich wirken, bis ich irgendwann ein Bild davon bekomme, was sich mit was kombinieren ließe. So wird aus einem Stoff manchmal etwas ganz anderes als das ursprünglich Vorgesehene, aber so what.

Ich bin beim Nähen nicht festgefahren. Das ist ein schönes Gefühl, das ich viel häufiger auf meinen Alltag übertragen sollte. Ich bin nicht DIE Kindersachen-Näherin (wofür ich’s ja eigentlich lernen wollte), ich bin nicht DIE „Ich nähe nur für mich“-Näherin, ich bin nicht DIE Accessoire-Näherin und auch nicht DIE Geschenke-Näherin. Ich bin von allem ein bisschen. Alles hat bei mir eine Phase. Mal nähe ich viel für mich, dann nur für die Kinder, dann nur Täschchen usw.. Und ich genieße es, das machen zu können, wonach mir ist. Nur bei Geschenken halte ich mich bislang zurück, weil die Geschenke selten meinen Perfektions-Ansprüchen genügen.

Und ich habe meine Nährituale gefunden. So schneide ich meist den Stoff für mehrere Nähprojekte zu, um dann entweder in einem Rutsch alles nacheinander nähen oder aber spontan entscheiden zu können, worauf ich gerade Lust habe. Ich warte also quasi den Zeitpunkt ab, an dem mir das Schnittmusterkleben und zuschneiden nichts oder nicht ganz so viel ausmacht und nutze dann die Gunst der Stunde.

Es kommt ab und an mal vor, dass ich eine Weile keine Lust habe zu nähen, zu wenig Zeit und zu viel (Alltags-)Stress ist, aber immer dann, wenn ich an der Maschine sitze und letztlich das fertige Stück in der Hand halte, bin ich total glücklich. Hört sich etwas platt an, aber trifft es einfach zu 100 Prozent. Es ist ein solch befriedigendes und schönes Gefühl, etwas selbst Gemachtes in den Händen zu halten und benutzen bzw. tragen zu können, das hätte ich mir niemals vorstellen können. Und allein dafür schon hat sich das Nähen gelohnt. Und irgendwie bekommt man nie genug, wenn man einmal in diesem Sog drin ist. Zumindest ich.

Die Schattenseiten

Und hier wären wir auch bei den Schattenseiten. Es geht los mit dem lieben Geld. Nähen ist kein günstiges Hobby. Vor allem dann nicht, wenn man ein Faible für die vielen schönen Stöffchen entwickelt, die überall zu finden sind. Ja, die Kosten für Stoffe relativieren sich dann, wenn man bedenkt, dass man die Sachen ja auch nutzt, trägt, verschenkt oder was auch immer. Aber wirklich günstiger als gekauft ist’s nicht, vor allem nicht, wenn man die Zeit hinzurechnet. Und dann gibt’s ja noch ohne Ende Zubehör. Ja, ich habe glücklicherweise einen netten Soffladen quasi um die Ecke, das Groh meiner Sachen bestelle ich jedoch online. Und dann möchte man ja auch gleich für die unterschiedlichsten Nähprojekte gerüstet sein und das ein oder andere auf Vorrat da haben. Tja, und dann sind‘s nur noch ein paar (hust) Euro bis zur Versandkostenfreiheit und das muss ich alter Sparfuchs natürlich nutzen und packe fleißig weiter in den Warenkorb.

Und dann ist da der Faktor Zeit. Puh, ich freue mich ja, ein Müh an Kreativität bei mir entdeckt zu haben, aber warum dauern alle kreativen Sachen eigentlich immer sooo lange? Ich meine, ich habe Kleinkinder, einen Job, Haus, Garten, Katze, Alltag und ab und an gehe ich sogar mal aus – also eigentlich genug Action für jemanden wie mich, der schon die Vollkrise bekommt, wenn’s mal nicht ganz so ordentlich ist in der Bude. Und dann legt man mit einem Hobby los, bei dem allein das Schnittmuster ausdrucken, ausschneiden und kleben schon mal zwei geschlagene Stunde oder länger dauern kann… Daran musste ich mich erstmal gewöhnen. Aber wisst ihr was? Erstens nehme ich mir nun mehr Zeit für mich raus, denn vorher war mein Mann nur der mit den ganzen Hobbies und 2. Sehe ich abends kaum noch fern – ist ja auch nicht unbedingt das schlechteste.

Fazit: Jede und Jeder kann meiner Meinung nach nähen lernen. Mit Freude und Interesse kann man auch ohne das geringste Vorwissen anfangen und dennoch innerhalb kürzester Zeit tolle Ergebnisse zustande bringen. Also, falls ihr noch nicht angefangen habt und grübelt: Traut euch, es lohnt sich!

Schreibe einen Kommentar